Deutschland macht dicht

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Die Diskussion über einen harten Lockdown zu den Feiertagen nimmt an Fahrt auf. Bayerns Ministerpräsident Söder hat davon ziemlich genaue Vorstellungen. In Sachsen wiederum gelten bereits ab Montag strengere Regeln. Doch was sagen die anderen Länder? Ein Überblick.

Die Kanzle

"Diese Regelungen sollten am besten in ganz Deutschland gelten", fügte Söder noch an - wohlwissend, dass dann betroffene Unternehmen auf Bundesmittel hoffen könnten. Doch ziehen die anderen Länder mit oder blocken sie ab? Und welche schärferen Maßnahmen gelten vielleicht bereits? Ein Überblick:

Baden-Württemberg

"Ein scharfer Lockdown nach den Weihnachtstagen rückt näher", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann laut Teilnehmern am Dienstag in der Kabinettssitzung. Er stimme Überlegungen des Bundes zu, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Der einzige grüne Ministerpräsident drängt zudem auf einen Bund-Länder-Gipfel noch vor Weihnachten. Sein Sprecher betonte jüngst, dass Kretschmann der einzige gewesen sei, der schon beim jüngsten Gipfel ein weiteres Treffen für dringend nötig gehalten hatte.

Als konkrete Maßnahme will das Land ein flächendeckendes Alkoholverbot unter freiem Himmel in die nächste Corona-Verordnung aufnehmen. Für Hotspots ab einer Inzidenz von 300 sollen drastische Maßnahmen gelten, voraussichtlich schon ab kommender Woche. Die aktuelle 7-Tage-Inzidenz im Südwesten beträgt laut Robert-Koch-Institut 160. Das heißt, dass in Baden-Württemberg innerhalb einer Woche bei 160 Menschen pro 100.000 Einwohnern das Coronavirus nachgewiesen wurde.

Bayern

Ministerpräsident Söder hat zuletzt immer wieder und sehr lautstark schärfere Maßnahmen gefordert. "Wir müssen das öffentliche Leben runterfahren", sagte er der dpa. Die Maßnahmen könnten ab Weihnachten - wenn die Geschäfte ohnehin zu sind - bis zum 10. Januar gelten. Konkret gilt in Bayern seit Mittwoch der Katastrophenfall, bis zum 5. Januar. Im Rahmen dessen wurden Ausgangsbeschränkungen, Alkoholverbote in Innenstädten und nächtliche Ausgangssperren in Hotspots (Inzidenz ab 200) beschlossen.

Für Weihnachten gelten leichte Lockerungen, Ausnahmen an Silvester soll es nicht geben. Menschen sollen ihre Wohnungen nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Laut Söder sind 40 Prozent der Schüler bereits nicht mehr im Präsenzunterricht. Geschäfte sind aber weiterhin offen, Weihnachtseinkäufe erlaubt. Bayern gehört zu den am stärksten betroffenen Ländern, die 7-Tage-Inzidenz beträgt 186.

Berlin

Die Bundeshauptstadt war einige Zeit das am stärksten betroffene Bundesland, zwei der drei Corona-Ampeln stehen nach wie vor auf Rot. Nun sollen harte Maßnahmen kommen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller kündigte deutliche Einschränkungen für den Einzelhandel und längere Schulferien an. Viele Geschäfte könnten dabei schon vor Weihnachten geschlossen werden. "Wir werden den Einzelhandel herunterfahren müssen", sagte er. "Jenseits vom Lebensmitteleinzelhandel müssen alle anderen Shoppingangebote geschlossen werden, und zwar bis zum 10. Januar, es geht nicht anders."

Unklar ist, ab wann die Maßnahmen gelten, das sagte auch Müller nicht. Ein weiteres Bund-Länder-Treffen hatte er am Dienstag als nicht notwendig bezeichnet. "Wir haben ja gerade Grundlagen für jedes weitere Handeln und für alle Beschlüsse, die nötig sind", sagte er. Bereits frühzeitig hatte Berlin auch entschieden, anders als vom Bund-Länder-Gipfel geplant, Lockerungen an Weihnachten und Silvester nicht zuzulassen. Nach derzeitigem Stand dürfen sich an den Feiertagen maximal fünf Menschen treffen, Kinder bis 14 Jahren zählen dabei nicht. Die 7-Tage-Inzidenz beträgt derzeit 176.

Brandenburg

Ministerpräsident Dietmar Woidke zeigte sich noch am Dienstag skeptisch in Bezug auf neue Corona-Regeln. "Mir fehlt momentan keine Möglichkeit, die ich brauche von der Bundesregierung, um weiter agieren zu können", sagte der SPD-Politiker dem RBB-Inforadio. Den Ruf nach neuen bundesweiten Regeln in der Corona-Krise halte er für nicht "ganz nachvollziehbar". Dennoch erwartete er weitere Gespräche der Regierungen noch in dieser Woche.

Für Weihnachten gelten in dem Bundesland nach jetzigem Stand Lockerungen: Zwischen dem 23. und 27. Dezember können sich bis zu zehn Personen aus zehn Haushalten treffen. Danach gilt wieder die Fünf-Personen-Regel aus zwei Haushalten. Die Inzidenz liegt derzeit bei 101. Noch am Montag teilte eine Sprecherin mit, dass die Regierung an der Regelung festhalten wolle.

Bremen

"Das Infektionsgeschehen in Bremen und in Norddeutschland gibt derzeit keinen Anlass, um von dem Kurs im Kampf gegen die Corona-Pandemie fundamental abzuweichen", sagte Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte von der SPD am Dienstag dem "Weser Kurier". Er schränkte jedoch ein, dass bei steigenden Infektionszahlen die über Weihnachten geplanten Lockerungen zurückgenommen werden müssten.

Am Montag hatte er sich bereits gegen eine neue Ministerpräsidentenkonferenz ausgesprochen. "Mit dieser wäre unweigerlich die Erwartung weiterer gravierender Verschärfungen verbunden", sagte er. Die Inzidenz in Bremen beträgt derzeit 114.

Hamburg

Der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher von der SPD äußerte sich am Montag noch skeptisch zu Verschärfungen. "Wir haben in den letzten zwei Wochen in Hamburg einen Rückgang der Infektionszahlen gesehen. Jetzt in den letzten Tagen allerdings nicht mehr. Insofern hoffe ich, dass wir unsere Strategie fortsetzen können und nicht zu neuen Maßnahmen greifen müssen", sagte er im ZDF.

Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank, Wissenschaftssenatorin von den Grünen, ging am Mittwoch allerdings doch von schärferen Regeln aus - nach Weihnachten. Gegenüber dem NDR wollte sie sich aber noch nicht festlegen, ob es zu einem kompletten Lockdown kommt. Man sei im Senat dabei, das zu besprechen und werde in den nächsten Tagen zu Entscheidungen kommen. Die Inzidenz in Hamburg beträgt 104.

Hessen

Das Bundesland hat bereits reagiert: In Gemeinde mit einer 7-Tage-Inzidenz ab 200 gelten ab Freitag nächtliche Ausgangssperren - mit Ausnahmen. Zudem gibt es dort ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum, wie Ministerpräsident Volker Bouffier am Dienstag ankündigte. Der Teil-Lockdown habe die Dynamik zwar gebrochen, es gebe aber keinen Anlass zur Entwarnung, zumal die Infektionszahlen weiterhin anstiegen und immer noch zu hoch seien, sagte er.

Die Lockerungen über die Feiertage bleiben vorerst in Kraft. Allerdings kann sich das noch ändern, wie Bouffier andeutete. Er gehe aufgrund der derzeitigen Lage davon aus, dass weitere Einschränkungen für die Zeit nach Weihnachten bevorstehen. "Epidemiologisch wäre es das Beste und natürlich wirksamste Mittel, einen Total-Lockdown zu verhängen und alles zu schließen", sagte er. Er sprach aber auch von "immensen Schäden" für Wirtschaft und Bildung. Die Inzidenz in dem Bundesland beträgt derzeit 151.

Mecklenburg-Vorpommern

Zwar kommt das nordöstliche Bundesland in der Pandemie bisher glimpflich davon. Doch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig kann sich härtere Maßnahmen durchaus vorstellen. "Auch Mecklenburg-Vorpommern bekommt die zweite Welle heftig ab und wir müssen uns weiter gegen diese zweite Welle rüsten", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch. Sie plädierte dafür, "dass sich die Kanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder noch möglichst in dieser Woche beraten, wie wir zu strengeren Maßnahmen kommen". Zusammen mit ihrem Kollegen Daniel Günther aus Schleswig-Holstein sagte Schwesig zudem, dass ihre Länder bei einem härteren Lockdown mitziehen würden - obwohl hier die Zahlen niedriger als in anderen Ländern sind.

Bereits am Dienstag hat die Landesregierung eine verschärfte Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen beschlossen, schärfere Regeln für Pflegeheime und ein Verbot des Alkoholausschanks in der Öffentlichkeit. Schüler ab der 7. Klasse sollen nach den Weihnachtsferien zunächst digital unterrichtet werden. Ab einer Inzidenz von 200 gelten Ausgangsbeschränkungen. Die Inzidenz beträgt derzeit 66 - der zweitniedrigste Wert eines Bundeslandes.

Niedersachsen

"Wenn ich in Niedersachsen solche Zahlen zu verzeichnen hätte, wie sie derzeit in Bayern herrschen, dann wäre ich auch unruhig", sagte Niedersachsens Landeschefs Stephan Weil am Dienstag im "ntv Frühstart". Insgesamt sei es angesichts der unterschiedlichen Lage in verschiedenen Landesteilen schwierig, einheitliche Regeln zu finden. Der SPD-Politiker sprach sich aber gegen einen harten Lockdown aus. Ein solcher Schritt würde Unternehmen schwer treffen. "Ich rate an dieser Stelle eher zur Zurückhaltung, zur Vorsicht und zur Abwägung - anstelle zu schnell zu einfache Lösungen zu propagieren", sagte er.

Allerdings nimmt das Bundesland die geplanten Lockerungen nach Weihnachten zurück. Nur zwischen dem 24. und 26. Dezember gelten großzügigere Regeln, zehn Erwachsene dürfen sich dann treffen. Bereits ab kommender Woche gibt es keine Präsenzpflicht in den Schulen mehr. Die Inzidenz beträgt derzeit 79 - der drittniedrigste Wert innerhalb Deutschlands.

Nordrhein-Westfalen

Ministerpräsident Armin Laschet bringt einen zweiwöchigen Lockdown nach den Feiertagen ins Spiel. "Ich schlage vor, dass wir aus Vorsorge die Zeit zwischen Weihnachten, Neujahr und den ersten Tagen des neuen Jahres nutzen, um danach mehr Luft zum Atmen zu haben", sagte er am Mittwochabend bei RTL. In den Lockerungen zu Weihnachten sieht er keine Gefahr. Wenn sich alle an die Regeln halten, "werden durch die Familientreffen die Todeszahlen nicht ansteigen", so der CDU-Politiker, der sich auch um den Parteivorsitz bewirbt.

Alleingänge der Länder lehnte Laschet ab, er erwartet vielmehr eine erneute Verständigung zwischen der Bundeskanzlerin und den Ländern. "Ich wünsche mir, dass wir bald Klarheit haben." Konkrete Maßnahmen hat sein Bundesland bisher nicht beschlossen. Die 7-Tage-Inzidenz in NRW beträgt derzeit 141.

Rheinland-Pfalz

"Der Teil-Lockdown hat nicht das gewünschte Ergebnis erreicht, die Zahlen sind nicht so, wie wir es uns wünschen", sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer von der SPD am Dienstag. Größere Lockerungen an Weihnachten und Silvester stellte sie nicht in Aussicht, "dafür gibt es keinen Spielraum". Voraussichtlich werde es zu Silvester keine Ausnahmen von den Kontaktbeschränkungen geben, so Dreyer. Große Menschenansammlungen mit hohem Alkoholkonsum sollten auf öffentlichen Plätzen und auf öffentlichen Straßen ebenso verboten werden wie Silvesterfeuerwerk, forderte sie.

Dagegen sollen über Weihnachten, vom 23. bis 27. Dezember, Treffen von zehn Menschen aus drei Haushalten ermöglicht werden. Dreyer sprach von "Kernfamilie und engste Freunde". Eine Rechtsverordnung kündigte sie für kommende Woche an. Die Inzidenz in dem Bundesland liegt bei 138.

Saarland

Das Saarland lockert die Kontaktbeschränkungen über die Weihnachtsfeiertage, nicht aber an Silvester. Demnach können zwischen dem 23. und 27. Dezember Angehörige eines Haushaltes mit höchstens zehn weiteren Menschen aus drei weiteren Haushalten oder "dem familiären Bezugskreis" zusammenkommen, eine Ausnahme bilden Kinder bis 14 Jahren. Für Silvester gelten demnach wieder die schärferen Regeln: maximal fünf Personen aus einem weiteren Haushalt oder dem "familiären Bezugskreis". Am Dienstag hat Land zudem ein Alkoholverbot auf belebten Plätzen und Straßen beschlossen. Es gilt an Heiligabend sowie an Silvester und Neujahr.

Ministerpräsident Tobias Hans von der CDU verwies darauf, dass zwar das exponentielle Wachstum gestoppt worden sei. Der Teil-Lockdown habe aber nicht zu einem spürbaren Rückgang geführt. Die Inzidenz beträgt im Saarland 140.

Sachsen

Das Land hat inzwischen den mit Abstand höchsten Inzidenzwert in Deutschland. In dieser Woche verkündete Ministerpräsident Michael Kretschmer deshalb verschärfte Maßnahmen. Ab Montag sollen demnach Schulen, Kitas, Horte und viele Geschäfte geschlossen bleiben. Nur Geschäfte für den Grundbedarf wie der Lebensmittelhandel, Apotheken oder Drogerien sollen noch öffnen dürfen. Er hoffe, dass man mit den anderen Ländern zu gemeinsamen Ergebnissen komme, sagte CDU-Politiker Kretschmer im ZDF. "Wir haben uns unseren sächsischen Weg jetzt entschieden und werden ihn mit aller Konsequenz gehen." Die Maßnahmen, die in etwa dem Lockdown vom Frühjahr entsprechen, sollen am Freitag offiziell beschlossen werden und bis 10. Januar gelten - ein Datum, das in vielen Forderungen als Stichtag genannt wird.

Der MDR berichtete, dass Sachsen dabei auch den Einkaufstourismus in andere Länder verhindern will. Demnach sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow dem Sender, dass Sachsen eine neue Verordnung plant, nach der Bundes- und Landesgrenzen nicht mehr überschritten werden dürfen. Die 7-Tage-Inzidenz in Sachsen liegt derzeit bei 310.

Sachsen-Anhalt

Am Dienstag betonte Ministerpräsident Reiner Haseloff, dass die aktuelle Corona-Verordnung bis zum 20. Dezember gelte. Kommende Woche soll über die Zeit danach beraten werden. Der CDU-Politiker bemängelte vor allem, dass die bestehende Verordnung nicht so eingehalten würde, wie es erforderlich wäre. "Wir haben kein Regelungs-, sondern ein Vollzugsproblem."

Fest steht aber bereits, dass es für Silvester doch keine Lockerungen geben soll. "Silvester kann man schon im Prinzip ausbuchen, da werden wir bei der straffen Regelung mit Sicherheit bleiben. Über Weihnachten sind wir noch in der Enscheidungsphase, ob wir bei der angekündigten Möglichkeit bis zu zehn Personen bleiben", sagte Haseloff. Die Inzidenz des Landes liegt derzeit bei 128.

Schleswig-Holstein

Das Land im Norden weist derzeit die niedrigste Inzidenz auf. Dennoch will die Landesregierung einen schärferen Kurs fahren. Es sei notwendig, "dass wir spätestens ab Weihnachten in einen harten Lockdown gehen - um die Zeit über den Jahreswechsel zu nutzen, diese gefährliche Entwicklung in Deutschland zu stoppen", sagte Ministerpräsident Daniel Günther von der CDU am Mittwochabend. Der Lockdown sollte aber einverständlich stattfinden, sagte er am Donnerstag.

Die Koalition aus CDU, Grünen und FDP hat sich bereits darauf geeinigt, den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit zu untersagen. Günther forderte zudem einen Verzicht auf Silvesterfeiern. "Das ideale Silvester sieht dieses Jahr so aus: Zu Hause im eigenen Hausstand bleiben, vielleicht gemütlich auf den Jahreswechsel anstoßen. Partys oder ein gemeinsames Anstoßen mit den Nachbarn zum Jahreswechsel - das muss dieses Mal ausfallen." Die Inzidenz liegt laut RKI derzeit bei 59.

Thüringen

Sollten die anderen Länder einen harten Lockdown beschließen, will auch Thüringen mitziehen. Das sagte Gesundheitsministerin Heike Werner von der Linken am Donnerstag im Deutschlandfunk. Sie forderte für diesen Fall aber auch Hilfen für den Einzelhandel. Gestrichen sind nach dem Willen der Landesregierung bereits die ursprünglich geplanten Lockerungen zu den Feiertagen. Darauf hat sich die rot-rot-grüne Minderheitsregierung am Dienstag verständigt. Allerdings will sie den Schritt noch mit den Kommunen absprechen.

Eine neue Corona-Verordnung soll ab dem 19. Dezember gelten - mit den bisherigen Kontaktbeschränkungen von fünf Personen aus zwei Haushalten. Die 7-Tage-Inzidenz in Thüringen liegt derzeit bei 192. Es ist der zweithöchste Wert

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